Mit Beruhigungspillen gegen die Klimakatastrophe?

Die entscheidenden Politiker müssen endlich wachgerüttelt werden


Anlass für diesen Beitrag ist ein Interview in der FR mit folgender Aussage von Prof. H. J. Schellnhuber:"Um die Erwärmung auf vermutlich noch verkraftbare zwei Grad zu beschränken, bleiben uns noch 30 Jahre Zeit"

Dieser Satz sollte wohl ein Ostergeschenk für besorgte Leser sein.

   Aber...

   "verkraftbare zwei Grad" ?

   "30 Jahre Zeit" ?


Helfen solche Verharmlosungen bei Abwehr der Klimakatastrophe wirklich?

Natürlich helfen sie nicht!

Nur wenn die Menschen verstehen, dass eine große Gefahr auf sie zukommt, sind sie zu tiefgreifenden Verhaltensänderungen bereit. Die Coronakrise zeigt es gerade.  Auch Klimaschutz braucht Alarmsignale - keine Beruhigungspillen!

Bedrohungsanalyse - Bedrohungsbewusstsein

Voraussetzung für die Abwehr einer Bedrohung ist die nüchterne und ungeschminkte Analyse dieser Bedrohung. Eine Unterschätzung der Bedrohung führt zu unzureichender Abwehr; im Fall der Klimakrise bereits seit Jahrzehnten!
Selbst Organisationen, die eigentlich die Klimakatastrophe abwehren sollen, "vergessen" wichtige Aspekte der Bedrohung. Nicht nur der Weltklimarat (IPCC).

Die Tatsache, dass seit etwa 200 Jahren die jährlichen CO2-Emissionen schneller zugenommen haben als der natürliche Abbau dieses Klimagases, hat dazu geführt, dass immer mehr kohlenstoffhaltige Klimagase in der Atmosphäre blieben und bleiben. So kommt es zum beschleunigten Anstieg der Keeling-Kurve, dieser wird in einer Bedrohungsanalyse aber nur selten erwähnt.

CO2 wird häufig als "Spurengas" bezeichnet. Diese Bezeichnung gefällt den Klimawandelleugnern besonders gut, weil es nach einer kleinen Menge klingt. Um wieviel CO2 es sich dabei aber tatsächlich handelt, ist den meisten Mitbürgern nicht bewusst. Deshalb eine anschauliche Darstellung:
Die fossilen Brennstoffe Kohle, Erdöl und Erdgas bestehen zum größten Anteil aus Kohlenstoff. Wie viel davon in den letzten 200 Jahren aus dem Erdmantel geholt wurde, lässt sich grob abschätzen. Die fossilen Brennstoffe wurden dann zur Energiegewinnung verbrannt. Ihr Kohlenstoff verband sich mit jeweils zwei Atomen Sauerstoff der Luft zum Klimagas CO2, das dann aus hohen Schornsteinen in die Atmosphäre bedenkenlos "entsorgt" wurde.

C + O2 = CO2
Wieviel davon sich heute noch als Klimagas in der Erdatmosphäre befindet, wird leicht unterschätzt, lässt sich aber mit Hilfe der oben erwähnten Keeling-Kurve abschätzen.
Kohleblock 1000 Kubik-Kilometer
Würde man durch ein Gedankenexperiment die in der Atmosphäre verbliebenen CO2-Moleküle wieder in Kohlenstoff und Sauerstoff auftrennen und die Kohlenstoffatome an einem einzigen Ort wieder zusammenfassen und dort so stark zusammendrängen wie sie ursprünglich in Steinkohle zusammengedrängt waren, würde dies einen riesigen Klotz Steinkohle von 10 km Länge, 10 km Höhe und 10 km Breite ergeben. Würde man diese Kohle auf ganz Deutschland verteilen, so würde sie überall in Deutschland eine 30 cm dicke Kohleschicht bilden.
Sowohl der riesige Kohlewürfel als auch die 30 cm dicke Kohleschicht sollen nur der Anschaulichkeit helfen.

Von dieser fast unvorstellbaren Menge müssen wir so schnell wie möglich die Hälfte aus der Atmosphäre zurück holen, denn die Natur schafft es nicht aus eigener Kraft. Und da jedes Zuviel an CO2 die Globaltemperaturen noch schneller ansteigen lässt, was wiederum weitere CO2-Emissionen (z.B. aus den auftauenden Permafrostgebieten, die auch zu den "Kippelementen" zählen) nach sich zieht, ist höchste Eile geboten.

Die Ingenieure der ganzen Welt sind aufgefordert, die vorhandenen Verfahren zur Klimagas-Rückholung und zur anschließenden sicheren Endlagerung oder klimaunschädlichen Weiterverwendung zu verbessern und neue Verfahren zu entwickeln. Dafür sind wirtschaftspolitische Entscheidungen der Politik und der Kapitaleigner erforderlich.




Hier sind Kurpfuscher am Werk. Es fehlt der Wille zum Heilen

Wer die Fülle der drohenden Kippelemente überblicken will, sei auf die Aufstellung von Kippelementen des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) hingewiesen. Wenn man dort etwas herunterscrollt, kann man sich jedes einzelne Kippelement erläutern lassen.
In dieser Aufstellung müssten nachfolgend noch zwei weitere Kippelemente ergänzt werden:

Die Tatsache, dass in den vergangenen zwei Hitzesommern auch in Mitteleuropa ein bejammernswertes Waldsterben eingesetzt hat, was zu einer beunruhigenden Reduktion der Fotosynthese geführt hat, wird als neu hinzukommendes Kippelement bisher noch nicht erwähnt.

Unsere Wälder verdorren und vertrocknen! Die auch in diesem Jahr steigende Menge der Waldbrände (vor Ostern bereits 26 Waldbrände in Brandenburg ) wird in den Bedrohungsanalysen meistens weggelassen.

Und noch ein weiterer Bedrohungspunkt: Möglicherweise müssen Kohle- und Atomkraftwerke in den heißesten Wochen des Jahres abgestellt werden, weil das Kühlwasser aus den Flüssen knapp wird. Ohne elektrischen Strom ist die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser, Nahrungsmitteln, Treibstoff und Informationsdiensten unmöglich. Stichwort "Blackout". Doch leichtsinnigerweise unterlässt die Bundesregierung alle Maßnahmen zur Abwendung auch dieser Gefahr. Dezentrale Windräder, Solaranlagen und Stromspeicher in riesigen Stückzahlen wären eine solche Maßnahme, denn sie vertragen Trockenheit und Hitze !

Umstellung schrittweise oder radikal?

Bisweilen hört man die Meinung, man dürfe die Bevölkerung, die Verbraucher und insbesondere die Wirtschaft nicht überfordern und deshalb wäre es angeraten, die Umstellungen schrittweise vorzunehmen.
Dieser Vorschlag verspricht keinen Erfolg. Die Durchsetzung jedes einzelnen Schrittes bedeutet nochmalige Überwindung der selben politischen Hindernisse, die bereits im vorhergehenden Schritt nur mühsam überwunden werden konnten.
Und wie bereits schon einmal gesagt:
Die Corona-Krise demonstriert, dass selbst extreme Einschränkungen der persönlichen Freiheit von der Masse der Bevölkerung begrüßt und befolgt werden, wenn erkennbar ist, dass sie dem Überleben großer Bevölkerungsteile dienen.

Es wäre also grundverkehrt, wenn Klimafachleute die uns drohende Gefahr nur vorsichtig andeuten.

Wir brauchen Alarmsignale - keine Beruhigungspillen!



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