28.05.2020, Wolf von Fabeck:

Klimaanlagen unverzichtbar

Ventilatoren haben in einer extremen Hitzeperiode mit schwül-feuchter Luft keine Kühlwirkung mehr

Auch Wärmedämmung hilft nicht bei längeren Hitzeperioden

Wir haben in Mittel- und Nordeuropa über viele Generationen hinweg gelernt, wie man sich gegen Winterkälte schützt. Doch beim Schutz gegen Hitzewellen mit hoher Luftfeuchtigkeit werden wegen fehlender Erfahrung und aus Unkenntnis der physikalischen Zusammenhänge immer noch grobe Fehler gemacht.

Die Prognosen für die Sommerwärme der kommenden Jahre sehen bedrohlich aus. Der Hitzesommer 2003, in dem in Westeuropa 70.000 Menschen an Überhitzung starben, könnte sich wiederholen. Die Temperaturen können sogar noch höher steigen, denn inzwischen ist der CO2-Gehalt in der Atmosphäre deutlich höher als damals.
Ziel dieses Beitrages ist es, einige gefährliche Fehleinschätzungen richtig zu stellen. Dazu werden folgende Themen angesprochen:.
  • Wärmedämmung bietet keinen Schutz bei länger dauernden Hitzeperioden
  • Wann tritt der Hitzetod ein?
  • Wie können Menschen bei Lufttemperaturen über 42° C überleben?
  • Abhängigkeit der Körperschweiß-Temperatur von Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit
  • Ventilatoren versagen bei hohen Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit
  • Vollständige Klimaanlage - Aufbau und Funktionsweise
  • Ungeeignete Ersatzlösungen
  • Abhängigkeit von der Stromversorgung vermindern -
    PV-Anlage inselbetriebsfähig machen
  • Kältemittel
Zusammenfassung
Hitzeperioden mit hoher Luftfeuchtigkeit mögen noch selten sein. Doch wenn es heiß auf heiß kommt, hilft nur noch eine Klimaanlage.

Schon aus diesem Grund müssen wir alles dran setzen, dass unsere Stromversorgung auch bei Extremwetter zuverlässig arbeitet. Stichwort: "Resilienz". Zum Beispiel - thermische Kraftwerke, die auf Wasserkühlung angewiesen sind, müssen schleunigst durch dezentralen Einsatz von Solarenergie, Windenergie und Stromspeicher ersetzt werden, denn in Hitze- und Trocken-Perioden kann das Kühlwasser knapp werden. Deshalb mussten in den vergangenen Jahren bereits mehrfach Wärmekraftwerke heruntergefahren werden.
Eine Solarstromanlage am Haus, die bei Stromausfall notfalls auf Inselbetrieb umgestellt werden kann, stellt eine ideale Ergänzung der individuellen Vorsorge dar.

Wärmedämmung bietet keinen Schutz bei längeren Hitzeperioden
Gute Wärmedämmung der Wohnungen oder Häuser schützt nur bei rasch vorübergehenden Hitzewellen. Bei mehrtägigen Hitzeperioden hilft Wärmedämmung nur wenig. Sogar ein gut wärmegedämmtes Haus erwärmt sich, wenn die Außentemperaturen tags und nachts höher sind als die Innentemperaturen. Jedes Türöffnen lässt warme Außenluft herein. Die Körpertemperatur der Bewohner (37°C) oder von Gästen erwärmt die Innenräume, insbesondere bei jeder körperlichen Anstrengung. Ein vergnügtes Tanzfest oder das Zubereiten warmer Mahlzeiten oder die Nutzung elektrischer Maschinen und Geräte, auch von großen Flachbildschirmen oder von Laptops ist zwar bei Winterkälte erwünscht, stellt aber während einer Hitzeperiode eine weitere nicht ausgleichbare Wärmequelle dar.
PV-Anlagen mit Abstand über dem Dach vermindern zwar die direkte Sonneneinstrahlung auf die Dachhaut, sind insofern kein Problem, doch die Wechselrichter im wärmegedämmten Dachboden oder auch im Keller liefern an sonnigen Tagen einen hohen Wärmebeitrag. Jedes Haus, insbesondere aber ein Passivhaus mit PV-Anlage braucht dringend eine Klimaanlage! Auch die Wechselrichter selbst brauchen Kühlung.

Kritisch wird es sogar im Passivhaus, wenn Windstille kein nächtliches Durchlüften (Querlüften) erlaubt. Der meteorologische Fachausdruck "tropische Nächte" klingt fast romantisch, doch tatsächlich ist er ein Alarmsignal. Er besagt, dass auch in der Nacht die Außentemperaturen nicht unter 20 Grad sinken werden. Wenn dann gleichzeitig hohe Luftfeuchtigkeit hinzu kommt, kann es für hitzeempfindliche Personen gefährlich werden.

Wann tritt der Hitzetod ein?
Medizinische Fachbücher geben die maximale Körpertemperatur, die ein gesunder Mensch kurzzeitig überleben kann, zwischen 42°C und 43°C an. Bei höheren Temperaturen verändert sich das Eiweiß im Gehirn und es treten irreparable Gehirnschäden auf.
Wie heiß sich 42°C anfühlen, kann man ausprobieren, wenn man ein Thermometer unter den Wasserhahn hält und das Warmwasser immer weiter aufdreht bis 42°C angezeigt wird. Können Sie sich vorstellen, dass jemand eine solche Körpertemperatur hat?
Menschen mit geschwächten Kreislauf sind bereits bei erheblich geringeren Temperaturen gefährdet.

Wie können Menschen bei Lufttemperaturen über 42° C überleben?
In Wüstengegenden oder in der Sauna überleben Menschen Lufttemperaturen die weit über 42 Grad liegen. Sauna-Temperaturen gehen sogar bis maximal 110 Grad. Der Körper kühlt sich in solchen Fällen durch Schwitzen ab. Der Schweiß verdunstet und entzieht dem Körper die dafür erforderliche Wärmeenergie. Wenn allerdings die Luftfeuchtigkeit hoch ist (schwüles Wetter) dann verdunstet nur wenig Schweiß - die ersehnte Abkühlung bleibt aus. Deshalb belässt man in der Sauna die relative Luftfeuchtigkeit im unteren Prozentbereich - höchstens 30 Prozent.

Eine relative Luftfeuchtigkeit von 100 Prozent bedeutet nicht, dass der ganze Raum zu 100 Prozent voll Wasser steht, sondern es bedeutet, dass jede hinzukommende Menge an Wasserdampf zu sichtbaren Dampf- bzw. Nebelschwaden führen würde.

Beim Stichwort Schwitzen denkt man leicht an Schweiß unter den Achseln und an anderen Körperteilen, die der Außenluft ausgesetzt sind, doch der Körper schwitzt nicht nur an seiner Oberfläche sondern ebenfalls im Inneren, in Nase, Mund und Rachen und ganz besonders in den Atmungsorganen einschließlich der Lunge. Die atmungsaktive Oberfläche der Lunge beträgt nahezu 100 Quadratmeter, ist also etwa 50 mal so groß wie die sichtbare Körperoberfläche. Auch dort gibt es eine gewisse Feuchtigkeit, die verdunsten und damit kühlen kann.So überstehen z.B. Hunde mit dichtem schwarzen Fell warme Tage durch heftiges Hecheln. Sie kühlen dabei das Blut in ihrer Lunge ab.

Abhängigkeit der Körperschweiß-Temperatur von Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit
Stichwort "Feuchtkugeltemperatur" "Kühlgrenztemperatur" Man kann mit einfachen Mitteln den unangenehmen Einfluss der Luftfeuchtigkeit zwar nicht exakt messen, aber doch tendenziell abschätzen. Dazu umwickelt man die Messstelle eines Thermometers (die kleine Kugel am unteren Ende) mit einem feuchten Lappen und schwenkt beides in der Luft. Wenn die Luft nur wenig Luftfeuchtigkeit enthält, verdunstet die Feuchtigkeit aus dem Lappen rasch und der Lappen kühlt sich durch die Verdunstungskälte ab. Das Thermometer zeigt dann eine niedrigere Temperatur an als die Lufttemperatur. Es zeigt in etwa an, wie angenehm kühl ein nassgeschwitztes Baumwoll-T-Shirt werden kann, deutet aber auch an, wie kühl es in der Lunge werden kann. Im folgenden Diagramm kann man die Werte ablesen.

VinDex, Diagramm Feuchtkugeltemperatur, CC BY-SA 4.0
Feuchtkugeltemperatur
Abhängigkeit der Schweiß-Temperatur von der Luftfeuchtigkeit (Extremwert Fall 1: absolut trockene Luft) Es gilt die unterste Kurve (hellgrau). Bei absolut trockner Luft und einer Lufttemperatur von 57° C kühlt der verdunstende Schweiß ein durchschwitztes T-Shirt fast auf 20°C ab und auch in der Lunge treten ähnliche Temperaturen auf.. Der Träger des T-Shirts kann also überleben. Er muss sich allerdings im Schatten halten und sich hüten, Gegenstände mit guter Wärmeleitfähigkeit zu berühren. Besonders hohe Wärmeleitfähigkeit in absteigender Reihenfolge haben Diamant, Silber Gold Kupfer, Aluminium oder Stahl. In einer Bratpfanne könnte man also ohne zusätzliche Heizung Rühr-Ei zubereiten. Selbst die Wärmeleitfähigkeit von Sand ist noch so hoch, dass man nicht barfuß gehen kann.

Abhängigkeit der Schweiß-Temperatur von der Luftfeuchtigkeit (Extremwert Fall 2: hohe Luftfeuchtigkeit) Jetzt gilt die oberste Kurve (relative Feuchtigkeit 100%) Bei 40°C Lufttemperatur und schwül-feuchter Luft mit 100% Luftfeuchtigkeit (also kurz vor der Dunst- oder Nebelbildung) verdunstet kein Schweiß mehr. Schwitzen kühlt nicht mehr ab. Die nass geschwitzte Haut sowie das Innere der Lungen nehmen dann eine Temperatur oberhalb der Lufttemperatur an, denn die Lebensvorgänge im menschlichen Körper wie Herzschlag, Atembewegung, Peristaltik (Darm- und Verdauungstätigkeit), Aufrechterhaltung der Nerventätigkeit, der Denktätigkeit usw. erzeugen Verlustwärme, die den Körper weiter bis auf tödliche Temperaturen aufheizen.
Ohne Klimaanlage ist dann ein Überleben nicht mehr möglich.

Ventilatoren versagen bei hohen Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit
Keine erfahrende Hausfrau und kein erfahrener Hausmann kämen auf die Idee, Tiefkühlkost oder Schlagsahne oder Butter mit Hilfe eines Ventilators oder mit feuchten Decken kühl zu halten. Diese Verfahren funktionieren nur bei vergleichsweise trockener Luft, denn sie nutzen die Verdunstungskälte. Wenn die Luft bereits mit Feuchtigkeit gesättigt ist, kann nichts mehr verdunsten. Es gibt dann also auch keine Verdunstungskälte mehr.. Das gilt auch für Ventilatoren mit Wasserzugabe, die zur Zeit mit großem Werbeaufwand als "Klimaanlagen"angeboten werden. Auch sie versagen bei schwül-feuchter Luft.

Eine "vollständige" Klimaanlage arbeitet nach einem anderen physikalischen Prinzip, dem Prinzip der Wärmepumpe. Nennen wir es das Kühlschrank-Prinzip. Dieses Prinzip funktioniert unabhängig von der Luftfeuchtigkeit.
Verdampfungswärme wird benötigt, um das Kältemittel (siehe weiter unten) zu verdampfen, also vom flüssigen in den gasförmigen Aggregatzustand zu überführen. Der Verdampfer muss diese Wärme hergeben. Er wird dadurch selber kalt. Beim Kühlschrank befindet sich der Verdampfer innen im Kühlschrank (oft um das doppelwandige Tiefkühlfach herum), Bei der Klimaanlage befindet er sich im Inneren des Hauses.

Bei der Kondensation (Umkehrung der Verdampfung), wird derselbe Betrag an Wärme wieder als Kondensationswärme frei. Der Kondensator wird also warm. Beim Kühlschrank befindet sich der Kondensator hinter dem Kühlschrank als langes dünnes schwarzes Rohr, das in Schlaufen gelegt ist, die mit schwarzen Kühlrippen verbunden sind. Bei der Klimaanlage befindet sich der Kondensator außen am Haus. (Das ist wichtig!)

Vollständige Klimaanlage - Aufbau und Funktionsweise

Orientieren Sie sich an der Grafik.
Eine vollständige Klimaanlage besteht aus den im Bild dargestellten fünf Komponenten:
  1. Kompressor komprimiert das Kältemittel
  2. Kondensator - dort entspannt sich das Kältemittel und gibt dabei die Wärme ab, die es vorher der Raumluft entzogen hat. Ein Ventilator (im Bild nicht dargestellt) treibt Außenluft außen an den warmen Röhren des Kondensators vorbei, damit sie dessen Kondensationswärme aufnimmt und abtransportiert. Die Außenluft ist zwar warm, aber der Kondensator wird dann halt noch wärmer. Die wirkungsvollste Variante besteht darin, dass der wärme-abgebende Kondensator seine Wärme ins Grundwasser abgeben kann. Aber auch Kondensatoren, die auf der Nordseite des Hauses ihre Wärme abgeben, sind in Ordnung. Nur wenn sie so dicht beieinander stehen, dass der eine Kondensator die warme Abluft seines Nachbarn ansaugt, dann leidet der Wirkungsgrad.
  3. Die "Drossel" - ein dünnes Röhrchen ganz unten lässt nur flüssiges Kältemittel in den Verdampfer fließen.
  4. Verdampfer nimmt die Wärme der Innenluft auf, bzw. mit anderen Worten: gibt Verdunstungskälte ab. Damit die Innenluft ihre Wärme besser an den Verdampfer abgeben kann, wird sie durch ein Gebläse (im Bild nicht dargestellt) mit dem kühlen Verdampfer in guten Kontakt gebracht, damit sie sich dort abkühlt.
  5. Wenn die relative Luftfeuchtigkeit der abgekühlten Luft zu hoch ist, wird die Abkühlung bewusst weiter fortgesetzt, bis sich Kondenswasser an der Außenseite der Kühlschlangen absetzt. "Entfeuchtungseinrichtung". Das Kondenswasser benötigt dann einen gesonderten Abfluss.
Damit eine solche Klimaanlage montiert werden kann, muss allerdings die Außenwand für zwei Rohrleitungen und eine elektronische Steuerleitung durchbrochen werden. Durch die eine Rohrleitung fließt Wärmeenergie aus dem Haus heraus, durch die zweite Rohrleitung kommt Kälte in das Haus hinein. Der Durchbruch hat einen Durchmesser von etwa 5 cm.

Ungeeignete Ersatzlösungen

Mit dem Ziel, solche Mauerdurchbrüche zu vermeiden, werden alle möglichen Behelfslösungen angeboten, die jedoch die Effektivität der Anlage zunichte machen. So schlägt z.B. eine Lösungsvariante vor, man möge die Warmluft aus einem teilweise geöffneten Fenster hinausblasen. Es wird aber übersehen, dass dann die gleiche Menge an (unerträglich warmer) Außenluft ins Haus zurückströmt.

Eine andere unsinnige Lösungsvariante schlägt vor, die wärmeabgebenden Komponenten in einem anderen Zimmer des Hauses zu montieren. Die Folge wird sein, dass sich dieses Zimmer ganz besonders aufheizen wird.


Abhängigkeit von der Stromversorgung vermindern - PV-Anlage inselbetriebsfähig machen

PV- Anlagen sind eine ideale Ergänzung zur Klimaanlage, denn der höchste Stromverbrauch einer Klimaanlage tritt am helllichten Tage auf.

Um auch für den Fall eines Stromausfalls vorzusorgen, müsste man die PV-Anlage inselbetriebsfähig machen. Dies ist auch schon deshalb notwendig, um den Wärmeschutz durch Herablassen der elektrisch betriebenen Rollläden aktivieren zu können.

Anhang: Kältemittel
Nach DIN EN 378-1 Abs. 3.7.1 ist ein Kältemittel definiert als „Fluid, das zur Wärmeübertragung in einer Kälteanlage eingesetzt wird, und das bei niedriger Temperatur und niedrigem Druck Wärme aufnimmt und bei höherer Temperatur und höherem Druck Wärme abgibt, wobei üblicherweise Zustandsänderungen des Fluids erfolgen. Als Kältemittel können sehr viele Gase bzw. Flüssigkeiten dienen, z.B. Ammoniak oder CO2. Anmerkung: die Kältemittel werden beim regulären Betrieb der Klimaanlage nicht freigesetzt, lediglich bei einer Undichtigkeit oder beim Entsorgen. Der Einsatz von FCKW als Kältemittel in Kühlschränken ist seit 1995 verboten, da FCKW zur Zerstörung der Ozonschicht beitragen. Außerdem haben manche FCKW einen zehntausendfach höheren Treibhauseffekt als CO2.Benennung der Kältemittel mit vorangestelltem "R"